Im Jahre 1960 erschien im Ostpreussenblatt ein Artikel über das Bernsteinzimmer. Am 30. September 1960 erschien in der 40ten Ausgabe des 11ten Jahrgangs der Bericht "Wo blieb das Bernsteinzimmer ?".
Nach Veröffentlichung des Artikels entstand ein Schriftwechsel zwischen Friedrich Henkensiefken und Hans Gerlach in welchem sich die beiden zu den Inhalten des Artikels austauschten.
Mitglieder der Archive Recovery Unit (ARU) der Südthüringer Jonastal Gesellschaft für Bernsteinzimmerforschung (STJGFB) konnten den Schriftwechsel im GStA in Berlin einsehen.
Exclusiv hier, auf den Internetseiten der Südthüringer Jonastal Gesellschaft für Bernsteinzimmerforschung (STJGFB), wird der komplette Wortlaut des Schriftwechsels veröffentlicht.
Interessant an diesem Dokument ist der Hinweis auf nicht nach Königsberg gekommene Elemente des Bernsteinzimmers, welche Henkensiefken explizit erwähnt.
6 Tage später korrigiert, bzw. ergänzt Henkensiefken seine Ausführungen in einem weiteren Brief an Gerlach.
Die für Henkensiefken und Gerlach zum damaligen Zeitpunkt unklaren Umstände um den weiteren Lebensweg von Dr. Alfred Rohde standen im Mittelpunkt des dritten, und letzten vorliegenden, Briefes von Henkensiefken an Gerlach.
Nach Veröffentlichung des Artikels entstand ein Schriftwechsel zwischen Friedrich Henkensiefken und Hans Gerlach in welchem sich die beiden zu den Inhalten des Artikels austauschten.
Mitglieder der Archive Recovery Unit (ARU) der Südthüringer Jonastal Gesellschaft für Bernsteinzimmerforschung (STJGFB) konnten den Schriftwechsel im GStA in Berlin einsehen.
Exclusiv hier, auf den Internetseiten der Südthüringer Jonastal Gesellschaft für Bernsteinzimmerforschung (STJGFB), wird der komplette Wortlaut des Schriftwechsels veröffentlicht.
Kassel-Whoehe, den 9. Oktober 1960
Mulangstrasse 8.
Sehr verehrter Herr
Oberbaurat !
Fuer Ihren Brief mit den
Fragen nach dem Bernsteinzimmer danke ich Ihnen herzlich. Auch ich hatte den
Aufsatz im Ostpreussenblatt gelesen und wollten Ihnen schon von mir aus alles
das schreiben, worauf ich mich noch besinnen kann. Da ich auch hoffte, auch Naeheres
ueber das Schicksal Dr. Rohdes schreiben zu koennen, wandte ich mich an einen
Koenigsberger Bekannten, der jetzt in Bielefeld ansaessig ist. Er war in Kbg.
als Zahnarzt taetig und erlebte mit seinen Eltern auch die russische Zeit (bis
1947?). Da die Russen Aerzte brauchten, wurde e rim Krankenhaus der
Barmherzigkeit eingesetzt. Wie er mir vor langer Zeit gelegentlich erzaehlte,
hat er damals auch Dr. Rohde und Frau im Krankenhaus wieder getroffen, die er
von Bilderkaeufen bei den Ausstellungen im Kroenungsgang kannte. Dr. Rohde war
sehr krank und ist an Dysenterie gestorben. Ich hatte also jetz auf Grund des
Aufsatzes ueber das Bernsteinzimmer nochmal an unseren Freund geschrieben und
um genaue Einzelheiten – Ort, Zeit, Todesursache – gebeten. Leider ist die
Antwort noch nicht eingegangen, die ich Ihnen aber sofort nach Eingang
uebermitteln werde.
Was ich Ihnen ueber das
Bernstseinzimmer sagen kann, ist nicht viel. Von Frau Krueger erhielt ich vor
langer Zeit die Adresse von Frl. Magdalene Rau, die im Vorzimmer von Dr. Rohde
als Sekretaerin sass. Vielleicht weiss sie noch mehr. Ihre Adresse ist :
Muenchen, Poststrasse 16 I. Ich weiss nicht, ob sie nicht umgezogen ist.
Das Bernsteinzimmer ist
schon im Herbst 1941 durch die SS (SD) nach Koenigsberg gebracht worden. Diese
Aktion war keineswegs geheim, was auch schon daraus hervorging, dass von Anfang
an beabsichtigt war, das Zimmer der Oeffentlichkeit zugaenglich zu machen. Dr.
Rohde bestimmte hierfuer den Raum 37 neben dem Lovis-Corinth-Gedaechtnissaal im
III.Geschoss des Unfriedbaus. Da der Raum aber kleiner war als der in Zarskoje
Sselo, konnten nicht alle Stuecke aufgestellt bezw. angebracht werden, u.a.
auch nicht die Spiegelfelder und die dazwischen befindlichen Fuellstuecke mit
Bernsteinauflage. Anfang 1942 war der Raum eingerichtet und wurde zur
Besichtigung freigegeben. In dem im Fruehjahr 1942 von der Verwaltung der
Staatlichen Schloesser und Gaerten herausgegebenen Fueher “Das Schloss in
Koenigsberg (Pr) und seine Sammlungen” Fuenfte erweiterte Auflage, bearbeitet
von Dr. Alfred Rohde, wird das Bernsteinzimmer wie folgt beschrieben:
Raum 37 (neben dem
Corinthsaal) Bernsteinzimmer Friedrichs I. aus Zarskoje Sselo bei Leningrad.Das
Zimmer wurde bald nach der Koenigskroenung Friedrichs I. 1701 fuer
Charlottenburg begonnen, dann im Stadtschloss Berlin eingebaut.1716 schenkte es
Friedrich Wilhelm I. dem russischen Zaren Peter d. Grossen, der es in sein
Winterpalais in Petersburg ueberfuehrte. Die Kaiserin Elisabeth uebertrug es
nach Zarskoje Sselo, wo Rastelli es mit reichen Rokokozutaten 1755-1760
einbauen liess. Deutsche Soldaten retteten im Herbst 1941 das Zimmer aus dem
stark gefaehrdetem Schloss.
Das Bernsteinzimmer wurde
m. W. bereits vor der Einrichtung der Wehrmachtsausstellung im Sommer 1943 wieder
ausgebaut, da auch die Raeume des III. Stockwerkes im Unfriedbau fuer diese
Ausstellung in Anspruch genommen warden sollten. Die Teile wurden verpackt und
zunaechst in den Arbeits- und Unterstellraeumen im Erdgeschoss des Suedfluegels
(anschliessend an den Unfriedfluegel) untergebracht. Fuer die endgueltige
Unterbringung wurden vorgesehen der untere Raum des Schlossturms, der
Luftschutzraum im Unfriedbau oder schliesslich der oeffentliche
Luftschutzbunker in der Naehe der Neurossgaerter Kirche (Butterbergstr. Oder
Coppernicusstrasse?). An allen Stellen wurden die wertvollen Kunstgegenstaende
aus den Schloss- und Museumsbestaenden untergebracht. Wohin dabei das
Bernsteinzimmer gekommen ist, darauf kann ich mich nicht mehr besinnen. Es
wurde auch die Auskunft im Ostfluegel zur Aufnahme von Kunstgegenstaenden
hergerichtet. Hier wie auch in den Ordensraeumen befanden sich nach meiner
Erinnerung nur Bilde rund Kunstgewerbe aus den Kgl.Gemaechern. Auch der
Turmraum kam fuer die Unterbringung des Bernsteinzimmers nicht in Betracht, da
die Gefahr bestand, dass die geleimten Platten mit dem Bernstein infolge der
dort herrschenden Feuchtigkeit Schaden erleiden koennten.
Ob das Bernsteinzimmer
noch bei den Luftangriffen im August 1944 im Schloss war, kann ich heute nicht
mehr angeben. Es ist aber sicher, dass es bei den beiden Luftangriffen nicht
zerstoert worden ist; nur die Spiegel, die wegen ihrer Groesse nicht eingepackt
waren und in den Arbeitsraeumen des Suedfluegels aufbewahrt waren, sind be idem
zweiten Angriff verbrannt. Ich erinnere mich sehr gut, dass Dr. Rohde am Tag
nach dem Angriff in einem Gespraech mit mir erleichternd aufatmend feststellte,
dass das eigentliche Bernsteinzimmer
wenigstens erhalten sei. Die
luftschutzmaessig hergerichtete Auskunft des Suedfluegels war ebenfalls
ausgebrannt.
Es ist mir allerdings
auch nicht ausgeschlossen, dass in der Zeit zwischen dem 1. und 2. Luftangriff
das Bernsteinzimmer ausgelagert wurde. Dr. Rohde un ich hatten lange zuvor
Adelssitze und Gutshoefe auf ihre Eignung fuer die Unterbringung von
Kunstschaetzen besichtigt. In diesen Tagen wurden im ganzen Schloss fieberhaft
Luftschutzvorbereitungen getroffen, wobei ich mich in erster Linie um die
Baulichkeiten, die Ordensraeume und die Kgl. Gemaecher bekuemmern musste.
Die Tafeln des
Bernsteinzimmers bestanden aus Teilen, die mit Schrauben zusammengehalten
wurden. In Kisten verpackt – auch aus Zarskoje Sselo kamen sie in Kisten –
liessen sie sich verhaeltnissmaessig leicht transportieren. Die oberen Felder
einschl. Der Goldleisten sind nicht nach Kbg. gekommen.
In der beiliegenden
Skizze lassen sich die einzelnen Teile leicht erkennen :
Quelle : GStA
A) Panneel mit
B) Verbindungsstueck,
C) Grosses
Feld,
D) herausnehmbares
Mittelstueck (Namenszug mit Krone oder Bild)
E) Oberes Stueck mit reichen
Bernsteinarbeiten,
F) Spiegel,
G) Fuellstueck (auch mit
Bernsteinbelag)
H) Wandbrachen (kamen sehr
beschaedigt nach Kbg.)
Ich wuerde mich freuen,
sehr verehrter Herr Oberbaurat, wenn Si emit diesen Angaben etwas anfangen
koennten und hoffe, dass ich Ihnen in Kuerze Naeheres ueber Dr. R. mitteilen
kann. Die Behauptungen, dass er ein Naziagent gewesen sei, ist geradezu
laecherlich, ebenso, dass er bewusst die Unterbringungsorte der Kunstgueter
verschwiegen haben sollte. Ich fuehre sein damaliges Verhalten nur auf seine
schlechte koerperliche Verfassung zurueck. Dr. R. war in manchen Dingen
weltfremd und aengstlich, wie ich sehr of festgestellt habe.Das Chaos in Kbg
hat ihn wahrscheinlich seelisch und koerperlich vollstaendig zermuerbt.
Mit herzlichen Gruessen
auch an Ihre Gattin bin ich Ihr ergebener
(Unterschrift
Henkensiefken)
Interessant an diesem Dokument ist der Hinweis auf nicht nach Königsberg gekommene Elemente des Bernsteinzimmers, welche Henkensiefken explizit erwähnt.
6 Tage später korrigiert, bzw. ergänzt Henkensiefken seine Ausführungen in einem weiteren Brief an Gerlach.
Kassel-Whoehe, den 15. Oktober 1960
Sehr verehrter Herr
Oberbaurat !
Nachdem ich den Aufsatz
von Frau Elias – Rohde in Nr. 42 des Ostpreussenblattes gelesen habe, muss ich
meine Angaben berichtigen.
Aus der Erwaehnung der
Tatsache, dass sich nach dem Brand in der Wehrmachtsausstellung im Oktober 1943
am Bernsteinzimmer Rauchschaeden – weisser Belag – zeigten, an die meine Frau
und ich uns jetzt wieder sehr gut erinnern, ergibt sich ganz klar, dass das
Zimmer erst nach der Ausstellung wieder ausgebaut sein kann. Es muss wohl in
die Wehrmachtsausstellung einbezogen worden sein, den auch im 3. Stock des
Unfriedbaus befand sich die Ausstellung und zwar waren dort die Aufgaben der Heeresverwaltung,
z. B. Truppenverpflegung, an Beispielen und Proben dargestellt. Auch war in
einem der ersten Raeume (ueber den Ahnensaal) ein vollstaendiger Unterstand mit
viel Holz und Stroh aufgebaut, der wegen der erhoehten Feuersgefahr auf Ihren
Einspruch entfernt werden musste.
Ob das Bernsteinzimmer
noch im Winter 43/44 oder im Fruehjahr 1944 eingepackt wurde, kann ich nicht
sagen. Die von Frau Elias-Rohde angegebene Zeit (Einsatz zum Bau von
Panzersperren, also etwa von Mai 44 ab) scheint mir aber zu spaet zu sein.
Ueber das Schicksal von
Dr. Rohde habe ich noch nichts erfahren.
Mit herzlichen Gruessen
Ihr ergebener
(Unterschrift
Henkensiefken)
Die für Henkensiefken und Gerlach zum damaligen Zeitpunkt unklaren Umstände um den weiteren Lebensweg von Dr. Alfred Rohde standen im Mittelpunkt des dritten, und letzten vorliegenden, Briefes von Henkensiefken an Gerlach.
Wilhelmshoehe, den 10. November 1960
Sehr verehrter Herr
Oberbaurat !
Ich komme erst heute auf
Ihren Brief vom 23.10.zurueck, fuer den ich Ihnen herzlich danke, die
Rueckfrage bei Frau Krueger in Potsdam erforderte doch laengere Zeit. Die alte
Adresse von Frl. Rau war unvollstaendig, sie lautet richtig :
Muenchen,
Karl-Postl-Str. 16 I.
Ueber Dr. Rohde habe ich von
unserem Freudn, Zahnarzt Harry Ulkan, Bielefeld, Viktoriastrasse 1, vorlaeufig
folgende Auskunft bekommen : Dr. R. war eine Zeitlang als Patient im
Krankenhaus der Barmherzigkeit. Er hatte Dysenterie. Es ging ihm aber
verhaeltnismaesig gut, war aber mit den Nerven voellig runter. Er konnte zu
einer Zahnbehandlung bei Herrn Ulkan noch mehrere Treppen im Krankenhaus
steigen. Zusammen mit ihm im Zimmer lag Herr Kallisch, Inhaber einer
Buchhandlung in Kbg, der Herrn U. mitgeteilt hat, dass Dr. R. – wohl infolge
Nervenzerruettung – mit Professor Boettner Auseinandersetzungen hatte, so dass
er schliesslich aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
Frau R. war nicht im
Krankenhaus.Es ging ihr gesundheitlich besser und sie konnte durch
Tauschgeschaefte (auf dem schwarzen Markt?) fuer ihren Mann Gruetze u. ae.
Besorgen, die sie ihm dann ins Krankenhaus brachte.
Herr U. schrieb weiter,
dass von beiden Rohde seiner gestorben und der andere sich das Leben genommen
haben soll. Er nimmt an, dass Dr. R. gestorben ist, waehrend seine Frau, die
abgesehen von ihrer besseren koerperlichen Verfassung auch viel
unkomplitzierter war, freiwillig aus dem Leben gegangen ist. Ueber den
ungefaehren Zeitpunkt gehen die Ansichten noch auseinander. Herr U. wird
versuchen, ueber eine Bekannte, die s. Zt. als Krankenschwester in der
Barmherzigkeit Dienst tat, Genaueres zu erfahren. Es geht allen so, die 15
Jahre, die dazwischen liegen, haben manche Erinnerung ausgeloescht.
Ich darf Sie, Herr
Oberbaurat, bitten, mit Ruecksicht auf die Tochter von R. diese Mitteilungen
nur soweit zu verwenden, als es Ihnen notwendig erscheint.
In der Beschreibung des
Bernsteinzimmers im Fuehrer der Verwlt.der Schloesser und Gaerten ist ein
Druckfehler. Der Architekt, der es in Zarskoje Sselo einbaute, hier Rastrelli
nicht Rastelli.
Vielleicht haben Sie im
Ostrp.Bl.Nr.45 gelesen, dass ich am 26.10.1960 mein 40jaehriges Dienstjubilaeum
hatte. Das gab natuerlich allerlei Unruhe.
Mit herzlichen Gruessen
auch an Ihre Gattin
Ihr
ergebener
(Unterschrift
Henkensiefken)
Siehe hierzu auch http://books.google.at/books?id=CJJ8tb4IY6cC&pg=PA512&lpg=PA512&dq=Friedrich+Henkensiefken+kassel&source=bl&ots=wXzvq9lmoB&sig=Zxl42rfjcywahAFQ-x9PtLMzRwM&hl=de&sa=X&ei=lw_RT7PpOoao4gSEqeihDw&ved=0CFUQ6AEwBA#v=onepage&q=Friedrich%20Henkensiefken%20kassel&f=false
AntwortenLöschenDanke für die Briefe. Sehr interessantes Material.
AntwortenLöschenHallo, interessante Texte. Wieder eine Dame aus München mehr, die Manfred gekannt haben könnte.
AntwortenLöschenGrüße
Die Frauen sind aber bekannt. Eine war in der Schlossverwaltung, die Andere war die Sekretärin von Alfred Rohde.
LöschenHallo, war denn die Gräfin A.v.R. nur ein Joke der Stimme aus erfurt??
LöschenKeine Ahnung, bei der Frl R. handelt es sich hier um Frl. Rau. Die war Sekretäring von Rohde und kommt auch in den bekannten filmischen Dokumentationen zu Wort.
LöschenTolles Material. Danke
AntwortenLöschenWar den die Frau A. v. R. auch aus München?
AntwortenLöschenHallo,
AntwortenLöschenso liest man es doch überall.
Grüße