Samstag, 16. Juni 2012

Zarskoje Sselo 1710 - 1910


1710 - 1910

Zarskoje Sselo

VON

S. v. Wiltschkowski

Gedruckt auf Befehl des Chefs der Palaisverwaltung von Zarskoje Sselo

Auf den Gemäldesaal folgt das „Bernsteinzimmer“. Mit diesem beginnt die „Hälfte der Kaiserin Maria Feodorowna“.
Das Bernsteinzimmer besitzt drei Fenster, die bis zur Diele reichen; es liegt zum Schloßplatz hin und hat doppeltes Licht. Die Wände sind mit Bernstein bekleidet; an den Zwischenwänden befinden sich Spiegel, die bis zur Diele reichen; sie sind von vergoldeten Stuckrahmen im Rokokostil umgeben; an den Wänden sind vergoldete Stuckleuchter in demselben Stile. Die Plafond stammt von einem unbekannten Künstler des 18. Jahrhunderts. In der Mitte des Zimmers erhebt sich das Modell des Berliner Denkmals des preußischen Königs Friedrichs des Großen. Die Möbel sind weiß, leicht vergoldet und mit gelben Stoff bezogen. Bei den Fenstern stehen in Vitrinen kleine Bernsteinsachen : Schachfiguren, kleine Schatullen, Tabakdosen und anderes. Die Uhr ist aus Bronze, sie stellt einen Baum mit Aesten dar, an denen Blätter und Blüten aus Porzellan sind; unter ihm steht eine Gruppe aus vergoldeter Bronze, von Causard in Paris in der Mitte des 18. Jahrhunderts gearbeitet.
In die glatten Bernsteinwände sind in reich geschnitzten Bernsteinrahmen vier Mosaiklandschaften eingelegt, sie stellen allegorisch die fünft Sinne des Menschen dar. An der Wand, die zu dem Gemäldesaale hin liegt, finden sich zwei Jahreszahlen, 1709 und 1760, in Bernsteineinlage. Auf Bestellung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. (?) fertigte der Bernsteinmeister Gottfried Turau das Bernsteinkabinett an. Während seiner Zusammenkunft mit dem Könige bat Peter sich ziemlich ungeniert das Kabinett aus 160), das sich damals im Berliner Schloß Monbijou befand, wo Peter wohnte. Der König schenkte das Kabinett dem Zaren, der es mit einem Brief aus Amsterdamm vom 7. Januar 1717 161) aus Berlin nach Memel bringen ließ; dort empfing der Oberhofmeister der Herzogin von Kurland Anna Joannowna, Bestushew, das kostbare Kabinett und schickte es unter mitlitärischer Bedeckung über Riga nach Petersburg. Hier blieb es anscheinend unbenutzt bis 1755 liegen, bis der Bernsteinmeister Martelli, der ein Zimmer des Winterpalais mit Bernstein zu schmücken begonnen hatte, den Befehl erhielt, seine Arbeit einzustellen, den Bernstein zu sammeln und damit das Kabinett aus Zarskoje Sselo auszustatten. Im Jahre 1830 erfolgte auf Vorstellung des Generals Sacharshewski die Allerhöchste Erlaubnis, das Bernsteinzimmer durch den Drechslermeister Esch ausbessern zu lassen. Im Jahre 1911 sind die Bernsteinsachen, die in den Vitrinen stehen, durch die Firma Moritz Stumpf & Sohn in Danzig restauriert worden.


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